Atlantis: Ursprung der Legende bei Platon

Die erste Erwähnung von Atlantis findet sich nicht in obskuren Mythen oder geheimen Chroniken, sondern in den Schriften eines der größten Denker der Antike: Platon. In seinen Dialogen Timaios und Kritias beschreibt er eine Insel jenseits der Säulen des Herakles, größer als Libyen und Kleinasien zusammen, reich an Bodenschätzen, beherrscht von einem mächtigen Königsgeschlecht. Atlantis sei einst ein Reich voller Ordnung und Fortschritt gewesen – bis es in Hochmut verfiel und in einer einzigen Nacht und einem Tag durch ein katastrophales Ereignis im Meer versank.

Offiziell gilt diese Erzählung als Allegorie, ein Gleichnis für den Untergang überheblicher Gesellschaften. Doch die Detailfülle, mit der Platon Atlantis beschreibt, deutet auf eine Quelle hin, die mehr war als bloße Erfindung. Er selbst berief sich auf Überlieferungen, die sein Vorfahr Solon in Ägypten gehört haben soll. Die Priester von Sais hätten Solon berichtet, dass Athen einst gegen eine gewaltige Seemacht gekämpft habe – Atlantis – und dass die Insel nach ihrem Untergang im Meer verschwand.

Die Beschreibungen sind auffallend konkret. Platon spricht von konzentrischen Ringen aus Land und Wasser, von Kanälen, Häfen und gewaltigen Bauwerken aus rot-weißem Gestein. Atlantis sei reich an Metallen gewesen, darunter Orichalcum, ein geheimnisvolles Metall von rotem Glanz, das heute keine klare Entsprechung hat. Es sei ein Reich der Ingenieurskunst und Organisation gewesen, das seine Macht über große Teile der bekannten Welt ausdehnte.

In moderner Lesart wird Atlantis nicht selten als Erinnerung an eine versunkene Hochtechnologie gedeutet. Manche sehen darin eine Kultur, die über Energiequellen verfügte, vielleicht kristallbasierte Systeme, die später in Legenden als "Feuersteine" oder "Sonnenmaschinen" auftauchten. Andere vermuten, dass Atlantis als Knotenpunkt eines globalen Netzwerks fungierte, verbunden mit Ägypten, Südamerika und Indien – Kulturen, die auffällig ähnliche Mythen, Bauwerke und Sternenausrichtungen kannten.

Der Untergang selbst – "in einer einzigen Nacht und einem Tag" – erinnert an eine plötzliche Katastrophe: ein Meteoriteneinschlag, ein Vulkanausbruch, ein Tsunami oder vielleicht der Zusammenbruch einer Technologie, die außer Kontrolle geriet. In allen Fällen bleibt das Bild einer Kultur, die von einer gewaltigen Macht getragen wurde und ebenso gewaltig verschwand.

Atlantis wurde seit Platon unzählige Male neu verortet – im Atlantik, in der Karibik, auf Santorin, sogar in der Antarktis. Doch jenseits aller geografischen Spekulation bleibt die Kernfrage: Handelte es sich um einen Mythos – oder um eine verschlüsselte Erinnerung an eine Zivilisation, die der Menschheit vorausging?

Kein Donner, kein Blitz – nur die Worte Platons, die bis heute nachhallen: von einer Insel, die alles besaß, was Macht und Wissen verleihen konnte, und die dann verschwand. Atlantis bleibt der Archetyp der versunkenen Welt – vielleicht Allegorie, vielleicht Erinnerung, vielleicht Warnung, dass große Reiche nicht nur im Sand, sondern auch im Meer versinken können.

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