Theorie & Ursprung
Die Idee, dass die Erde nicht massiv, sondern in ihrem Inneren hohl sei, zieht sich wie ein dunkler Faden durch Mythen, Legenden und sogar frühe Wissenschaft. Fast jede Kultur der Welt kennt Geschichten von verborgenen Reichen unter der Oberfläche: die Griechen erzählten vom Hades, die Germanen von Hel, die Inder von den Nagas – Schlangenwesen, die in unterirdischen Städten hausten. Im Buddhismus taucht Shambhala auf, im tibetischen Lamaismus Agarttha – Orte, die tief in der Erde verborgen sein sollen und nur wenigen Auserwählten zugänglich sind. In all diesen Geschichten taucht das gleiche Motiv auf: eine zweite Welt, verborgen unter unseren Füßen.
Die wissenschaftliche Grundlage erhielt die Theorie im 17. Jahrhundert. Edmond Halley, der Entdecker des Halleyschen Kometen, schlug 1692 vor, die Erde sei von konzentrischen Schalen durchzogen. Zwischen diesen Schalen gebe es vielleicht Leben, eigene Atmosphären, sogar magnetische Pole. Später griffen Forscher wie John Cleves Symmes im 19. Jahrhundert die Theorie auf. Er war überzeugt, dass an den Polen gewaltige Öffnungen existieren, die ins Innere führten. Er forderte Expeditionen und prägte die Idee von einer bewohnbaren Hohlwelt.
Im 19. und 20. Jahrhundert verschmolz das Motiv mit Esoterik und okkulter Literatur. Autoren wie Jules Verne machten die Hohle Erde zum Stoff von Abenteuerromanen, während theosophische Strömungen von geheimen Völkern sprachen, die sich im Erdinneren verborgen hielten. Die Legende erhielt ein neues Gesicht: nicht nur eine geologische Spekulation, sondern ein Zufluchtsort für alte Hochkulturen – Lemuria, Atlantis – und möglicherweise auch für fremde Intelligenzen.
Moderne Mythen griffen dies auf und verbanden es mit UFO- und USO-Sichtungen. Berichte von Admiral Byrd, der angeblich über grünes Land in der Antarktis flog, Legenden über Lichter in sibirischen Bohrlöchern, oder Sichtungen von Objekten, die in den Ozean eintauchten, wurden in diesem Kontext gedeutet: Die Fremden müssten nicht aus dem All kommen, vielleicht sind sie längst hier – verborgen in den Tiefen der Erde.
Die Theorie lebt, weil sie an ein archaisches Gefühl rührt: dass die Welt mehr ist als das, was wir sehen, und dass unter der Oberfläche Räume existieren, die unserem Blick entzogen sind. Sie verbindet Mythen, Pseudowissenschaft, okkulte Traditionen und moderne UFO-Forschung zu einem Bild, das zugleich faszinierend und furchteinflößend ist: Wir sind nicht die einzigen Bewohner dieses Planeten – vielleicht nur die Oberfläche einer tieferen, älteren Welt.
Kein Donner, kein Blitz – nur die stille Ahnung, dass unter unseren Füßen Tore warten. Manche in den Bergen, manche im Eis, manche unter dem Meer. Öffnungen, die nicht nur in den Stein führen, sondern in eine verborgene Dimension menschlicher Geschichte.